Redebeitrag auf der unteilbar-Kundgebung

Am Sonntag, den 14.06. demonstrierten ca. 200 Menschen auf zwei aufeinanderfolgenden Kundgebungen unter dem Motto „Unteilbar! So geht solidarsiche!“

Auch wir beteiligten uns mit einem Redebeitrag zur Wiederaufnahme von Abschiebungen:

Alle reden von der Rückkehr zur Normalität.
Nach Monaten der Einschränkungen, unter denen wir mit Corona zu leben hatten, soll durch schrittweise Lockerungen wieder zur Normalität zurückgekehrt werden. Doch von welcher  Normalität wird hier eigentlich geredet? Eine Normalität, in der Geflüchtete nach wie vor um ihre Menschenwürde und um ihr Überleben kämpfen müssen. Eine Normalität in der Rassismus alltäglich ist. Eine Normalität, in denen Geflüchtete in Lagern untergebracht und ihnen essentielle soziale Rechte abgesprochen werden. Eine Normalität, in der Menschen in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen Armut, Krieg und Verfolgung drohen. Wenn das die Normalität ist, von der wir sprechen, dann wünsche ich mir keine Rückkehr zur Normalität.


Doch Tatsache ist, die Rückkehr zu einer Normalität, in denen Abschiebungen wieder zur Regel werden und Geflüchtete aus Deutschland kraft geltenden Rechtes verwiesen werden können, ist der nächste Schritt der schrittweisen Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen. So erklärt das Sicherheits- und Rückkehrmanagement in Berlin, dass ab morgen mögliche Rückführungen - d.h. Abschiebungen - wieder uneingeschränkt durchgeführt werden.
Ab morgen wird wieder abgeschoben!
Auch Rückführungen in Staaten, die sich am Dublin-Abkommen beteiligen, werden dann wieder uneingeschränkt möglich sein. Doch damit nicht genug: Normalerweise gilt nach bestehender Dublin-Verordnung in der Frage der Asylzuständigkeit in Europa: Wem es gelingt während 6 Monaten Aufenthalt nicht überstellt zu werden oder in Ausnahmefällen bis zu 18 Monaten, der der darf einen Asylantrag in Deutschland stellen.. Diese Regelung wurde für die Zeit der Corona-Verordnungen auf Eis gelegt. Für von Abschiebung bedrohte Menschen in Deutschland bedeutet das eine zunehmende Prekarisierung, da sie nun noch länger in unsicheren Verhältnissen leben müssen, in denen die Angst vor einer Rückführung das alltägliche Handeln bestimmt. Wenn also die Rede von einer Rückkehr zur Normalität ist, sollten wir nicht vergessen, was diese Normalität für zahlreiche Menschen, mit denen wir zusammenleben, bedeutet.
Unter dem #Leavenoonebehind haben wir für Solidarität, auch in Zeiten von Corona, gekämpft. Vergessen wir nun nicht diese Solidarität! Die Rückkehr zur Normalität bedeutet ein Ausschluss dessen, was als nicht normal erscheint. Wir wollen nicht, dass die gewaltsame Abschiebepolitik Deutschlands und der EU weiterhin Teil der Normalität sind, in der wir leben. Wir wollen in einem Land leben, in denen es allen Menschen frei steht zu leben und zu bleiben. Die Zeit nach der Corona-Pandemie kann ein Rückfall in alte Muster sein, aber auch ein Umdenken hin zu mehr Solidarität - hin zu einem Bruch mit den herrschenden Verhältnissen!

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