Pressemitteilung des Bündnisses gegen Abschiebungen vom 15.06.2022:
Lager schließen! Die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) Münster ist überbelegt und die Versorgung der Menschen gefährdet. Deshalb fordert das Bündnis gegen Abschiebungen Münster eine sofortige Schließung der ZUE Münster und eine Unterbringung aller Bewohner*innen in den Kommunen.
Nicht nur in der ZUE Rheine ist es in den letzten Monaten zu Missständen durch Überbelegung gekommen (die WDR Lokalzeit berichtete am 14.06.2022). Auch in der ZUE Münster hat sich die Wohnsituation unseren Informationen nach deutlich zugespitzt: bis zu 920 Personen waren zeitweise in der ZUE Münster untergebracht, obwohl die Einrichtung nur für 700 Menschen konzipiert ist. Offiziell wurde die Kapazität zwar auf 900 Pätze hochgesetzt, von einer Anpassung der Versorgungsstruktur oder gar Ausweitung von Angeboten, von der Ulrich Tückmantel von der Bezirksregierung Münster im Interview mit dem WDR berichtet, ist aber wenig zu spüren. Im Gegenteil – die Personalausstattung ist schlechter denn je. Viele Mitarbeiter*innen kündigen wegen der schlechten Arbeitsbedingungen und unzufriedenstellenden Zuständen in der ZUE.
Bereits zuvor war die Unterbringung in Mehrbettzimmern üblich, durch die Überbelegung kam es jetzt dazu, dass die Zimmer maximal belegt wurden und für einige Bewohner*innen nicht einmal mehr ein Bett zur Verfügung stand. Sie mussten zeitweise auf dem Boden schlafen. Auch die Strom- und Warmwasserversorgung konnte nicht dauerhaft für alle sichergestellt werden, bei der Essens- und Leistungsausgabe kam es zu langen Wartezeiten. Nach der Aussage einiger Bewohner*innen sei dieser Zustand kaum auszuhalten. Durch die enge Wohnsituation ohne persönliche Rückzugsräume und Privatsphäre komme es vermehrt zu psychischen Belastungen und Konflikten.
Die Überbelegung ist jedoch nur ein Grund, der für die aktuellen Zustände in der ZUE Münster verantwortlich ist. Hinzu kommt die starke Unterbesetzung des Personals in der ZUE, das durch den Betreuungsverbandes ASB gestellt wird. Unseren Informationen nach gibt es häufige Personalwechsel, die verschiedene Bereiche der Betreuung betreffen. So ist die Sanitätsstation unterbesetzt und dadurch die medizinische Versorgung gefährdet. Außerdem stehen nicht genug Sozialarbeiter*innen zur Verfügung. Unserer Information nach sind vor kürzlichen Kündigungen und der aktuellen Überbelegung noch um die 10 bis 12 Sozialarbeiter*innen in der ZUE beschäftigt gewesen. Schon zu dieser Zeit, als in der ZUE wegen Corona-Maßnahmen nur 300-400 Menschen gelebt hatten, sind einige Aufgaben und die eigentlich im Stellenprofil vorgesehene Rufbereitschaft durch eine zu knappe Besetzung nicht möglich gewesen. Während nun, zu Zeiten der Überbelegung, zwischen 750 und 900 Personen in der ZUE untergebracht sind, hat sich die Zahl der Sozialarbeiter*innen nocheinmal deutlich reduziert. Zudem sind durch die vielen Personalwechsel fast ausschließlich unerfahrene Personen beschäftigt, die mit den Abläufen nicht vertraut sind. Dadurch fällt notwendige Versorgung weg, auf die die Bewohner*innen der ZUE angewiesen sind und auf die sie einen Anspruch hätten. Eine Unterversorung der Bewohner*innen ist unter diesen Umständen vorprogrammiert und muss schnellstmöglich beseitigt werden.
Doch auch wenn mehr Personal und eine bessere Versorgung die Lebensbedingungen der Menschen in der ZUE erheblich verbessern würde und unter den aktuellen Bedingungen unbedingt erforderlich ist, ist in einer Zentrale Unterbringungseinrichtung ein selbstbestimmtes und menschenwürdiges Leben nicht möglich. Das Bündnis gegen Abschiebungen Münster fordert daher seit Jahren die Schließung aller Lager!